„Was? Die Kirche ist schon vorbei?“
Der kleine Junge schaut seine Mutter überrascht an: „Was? Die Kirche ist schon vorbei?“ Normalerweise hört sie nur: „Wie lange dauert es denn noch?“, schreibt sie mir später. Und dass dies wohl das größte Kompliment sei, was ein Kind in diesem Alter geben kann.
Was war passiert? Wir hatten in einem Sonntagsgottesdienst eine Taufe eingeplant, dazu war es auch noch ein Familiengottesdienst. Das versprach reichlich Bewegung, quirlige Kinder und irgendwie eine Menge Themen, die da unter einen Hut zu bringen waren. Für manche wohl zu viel, sie hatten vorsichtshalber mal auf „die Kirche“ verzichtet an diesem Sonntag.
Was für ein unglaubliches Bild: die vorderen Bankreihen auf beiden Seiten voll besetzt, reichlich Kinder und Familien an Bord. Und hinten einzelne Mitfeiernde auf ihren angestammten Plätzen.
Der Gottesdienst war natürlich geprägt von der Taufe des kleinen Mädchens. Vorgewärmtes Wasser, schöne Musik und das ein oder andere Lachen dazwischen - es hätte schlimmer kommen können für die Kleine, die das alles gut mitgemacht hat. Immer nah dabei die Kinder, ordentlich und reichlich gesegnet mit ein paar Hand voll frischem Weihwasser. „Segen muss man spüren“, sagt der bekannte Pfarrer Schießler. Und da hat er recht, finde ich.
Was noch? Das Leben fand in diesem Gottesdienst seinen Platz. Und die Menschen, die jetzt und hier diesen Gottesdienst gemeinsam gefeiert haben. Nichts besonderes, und schon deshalb scheinbar heute so besonders. Eine passend ausgewählte Geschichte, die das Herz berührt. Ein persönliches Lied des Vaters, Gitarre und Gesang. Ein Solostück von zwei Trompeten: „Mögen Engel dich begleiten!“ Dank und Bitte für dieses Kind, einmalig unter 8 Milliarden Menschen auf der Welt, ein Geschenk Gottes, mitten in das Leben der jungen Familie hinein geboren. Und der Organist packt noch zwei gesungene Solostücke mit drauf, ungeplant, aber einfach gut.
„Was? Die Kirche ist schon vorbei?“ Ja, aber nächste Woche könnten wir uns schon wieder sehen, Leben und Glauben zusammenbringen. Dann muss so ein Gottesdienst gar nichts mehr Weltfremdes sein. Probieren Sie es aus!
Diakon Manfred Müller
Pastoraler Raum Hammelburg